Neugestaltung der Lebensphase 50 plus:

Die gestiegene Lebenserwartung wird vor allem die Lebensphase 50 plus verändern. Die Folge ist nicht nur eine immer höhere Anzahl von älteren oder auch hochaltrigen Personen, sondern auch eine deutliche Verlängerung der Lebensphase nach der Berufstätigkeit bei guter Gesundheit und Aktivität. Für diese Zielgruppe gilt es, neue Teilhabe- und Versorgungsformen umzusetzen. Dadurch wird ein anderes Angebot z.B. an Wohn- und Versorgungsformen im Alter nötig. Die neue ältere Generation will dabei auch im hohen Alter in der häuslichen vertrauten Umgebung verbleiben. Daher werden neue Wohnformen wie z.B. Hausgemeinschaftsmodelle oder intergenerative Wohnformen zunehmend auch im ländlichen Raum umgesetzt.

Soziale Netzwerke und Unterstützungsbedarf

Parallel zur Alterung der Gesellschaft nimmt durch die zu geringe Zahl von Geburten je Frau die Anzahl der Kinder kontinuierlich ab. Damit einher geht ein deutliches „Ausdünnen“ familiärer Netzwerke. Während z.B. bei drei Kindern je Familie und Generation der Urgroßmutter 63 Urenkel zum Geburtstag gratulieren können, ist es bei einem Kind je Familie und Generation nur ein Urenkel. D.h. Kinder stoßen auf immer weniger Kinder in ihrer Umgebung, aber auch die Anzahl an Onkel und Tanten, die früher fast selbstverständlich auch Erziehungs- und Betreuungsaufgaben mit übernommen haben, ist drastisch gesunken und sinkt weiter. Allein daraus ergibt sich ein umfassender Bedarf an institutionellen Betreuungs- und Erziehungsangeboten, wie er sich in der steigenden Nachfrage z.B. nach Kinderkrippen und Tagesmüttern ausdrückt.

Anpassung altersbezogener Infrastruktur

Für die Städte, Märkte und Gemeinden des Landkreises bedeutet das zunächst, dass die Infrastrukturanforderungen der verschiedenen Altersgruppen einem rasanten Wandel unterworfen sind. Während es immer weniger Kinder und Jugendliche gibt, wächst zugleich der Bedarf an institutionellen Betreuungsangeboten. Während an vielen Orten neue Angebote für unter 3-Jährige entstehen, können manche Kindergartengruppen nicht mehr ausgelastet werden. Bei den Schulen müssen aufgrund sinkender Schülerzahlen neue Antworten bezüglich des Angebotes gefunden werden. Zum Teil wurden inhaltliche Konzepte als Antwort gefunden, wie z.B. gemeinsamer Unterricht verschiedener Klassenstufen, zum Teil wurden aber auch bereits Schulstandorte geschlossen, wie der schmerzliche Wegfall von Teilhauptschulen belegt.
Bedeutende Auswirkungen hat diese andere Zusammensetzung der Altersgruppen natürlich auf die sozialen Sicherungssysteme. Während vor einigen Jahren das Verhältnis der arbeitenden Bevölkerung zu den Rentnern noch 100 zu 40 betrug, wird diese Quote auf 100 zu 80 bis Mitte des Jahrhunderts ansteigen. Daraus ergibt sich eine wachsende Herausforderung bezüglich des Generationenvertrags.

Anpassung allgemeiner Infrastruktur

Nicht nur im Hinblick auf die Infrastruktur der jüngeren und der älteren Generation ist die demographische Entwicklung eine Herausforderung für die Städte, Märkte und Gemeinden, sondern auch im Hinblick auf die allgemeine infrastrukturelle Versorgung z. B. mit Wasser/Abwasser, Energie, Verkehrswegen, öffentlichem Nahverkehr, Müllentsorgung und deren Anpassung an die Veränderung der lokalen Bevölkerungsanzahl bzw. -struktur. Bei sinkender Bevölkerungszahl müssen immer weniger Bürger die gleichen Grundkosten tragen. Gegebenenfalls führt eine verminderte Nutzung sogar zu technischen Problemen (z.B. im Abwassernetz, das dann nicht mehr ausreichend durchspült wird).

Veränderungen bei Nachfrage und Konsum

Auswirkungen ergeben sich naturgemäß auch für alle wirtschaftlichen Fragen: Ein Absinken der Bevölkerungszahl bzw. die Alterung der lokalen Bevölkerung führt fast zwangsläufig zu einem Absinken bzw. zur Umstrukturierung der lokalen Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen.

Veränderungen am Arbeitsmarkt

Vor allem das Absinken der Anzahl der jüngeren Generation und der Anzahl der arbeitenden Bevölkerung wird in Zukunft Betriebe auf eine immer härtere Probe stellen: Wie können unter den veränderten Bedingungen ausreichend Fachkräfte gewonnen werden? Die Frage, wie das Potential von Arbeitskräften besser ausgeschöpft werden kann, stellt sich dabei zunehmend. Es wird immer weniger hingenommen werden können, dass einige Jugendliche den Sprung in der Beruf nicht schaffen oder bereits bei der Ausbildung ihre Möglichkeiten nicht ausschöpfen. Die Erwerbstätigkeit von Frauen wird ebenso steigen wie die Erwerbsquote der über 50-Jährigen.

Veränderungen am Wohnungsmarkt

Bereits jetzt stehen in manchen Teilen des Landkreises vor allem ältere Gebäude leer, nachdem deren ältere Bewohner gestorben sind. Wenn diese Gebäude, die vor allem in den Ortskernen zu finden sind, nicht neuen Nutzungen zugeführt werden, droht eine Verödung der Ortskerne. Daher gilt es, die Siedlungspolitik der Gemeinden kritisch zu hinterfragen.
Generell wird der demographische Wandel gemeinsam mit der Umstrukturierung der Haushaltsformen (Zunahme von Kleinhaushalten) den Bedarf an Wohnungen und Immobilien beeinflussen. Diesen Prozess gilt es, in seinen örtlichen Besonderheiten zu erkennen und sinnvoll zu steuern.

Bürgerschaftliches Engagement zunehmend benötigt

Gemeinden werden die Herausforderungen der Zukunft in Bezug auf die aufgezeigten Veränderungen in einem immer schwierigeren Umfeld lösen müssen. Bei der Gestaltung von Angeboten sind die Gemeinden daher immer deutlicher auf die Mitgestaltung durch die Bürger angewiesen. Dies ist jedoch nicht als Aufruf zu verstehen, generell auf Kosten der Bürger Ressourcen zu sparen. Für die ältere Generation gilt es, zunehmend Beteiligungschancen zu eröffnen. Bereits jetzt leisten ältere Mitbürger durch ehrenamtliches bzw. bürgerschaftliches Engagement wertvolle Beiträge zum Gemeindeleben. Diese Engagementmöglichkeiten müssen ausgebaut werden.